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Berliner fremdeln mit Bikini-Haus
Das Bikini-Haus am Breitscheidplatz wirkt nach fünf Monaten immer noch wie ein Ausstellungsprojekt

Die beiden Männer in Anzügen könnten Teil der Inszenierung sein. „Sehr gewagt“, sagt der eine, „mal was anderes“, der andere. Sie stehen im Eingangsbereich zum Bikini-Haus und drehen sich mehrfach um die eigene Achse. Da bewundern sie das Panorama-Fenster zum Pavian-Gehege, dort die breite Treppe aus mintgrün gestrichenen Stahlträgern, hier die Holzkäfige, in denen Händler, Designer, Lebenskünstler sich ausprobieren. Der kurze Rundum-Blick genügt den beiden Männern. Sie sind nicht aus Berlin, sondern geschäftlich in der Gegend. Aber vom Bikini haben sie gehört. Nun wollen sie es mal sehen.

Zum Gucken kommen knapp fünf Monate nach der Eröffnung immer noch viele in das Einkaufszentrum am Breitscheidplatz. Vor der Panorama-Glasscheibe sitzen sie mittags nebeneinander: Manche haben Fotoapparate umhängen, einige unterhalten sich auf Englisch, andere haben Koffer dabei. Familien mit Kindern, Rentner, Berliner, Touristen – alles durcheinander. Im Durchschnitt seien es täglich 20.000 Besucher, 50 Prozent Touristen, sagen die Betreiber. Sie sind zufrieden.

Am Geländer im ersten Stock lehnt ein älteres Paar und blickt über das Treiben. Sie wohnen in Dahlem und kennen das Bikini seit Jahrzehnten. „Ist doch nett geworden“, sagt die Frau, eben anders als Einkaufszentren sonst. Schöner. Nicht so altmodisch. Ihr gefällt das.

Frisch gepresster Saft

Direkt vor der großen Glasscheibe wurde drei Wochen lang jeden Tag Fruchtsaft ausgeschenkt: Smoothies aus Orange, Mango, Ananas, Gemüse, wilde Mischungen, Getränke mit dem Namen „Perfekter Tag“ zum Beispiel. Alles frisch zubereitet. Dafür muss man auf so einen Saft etwas warten, auf ein Sandwich mit Gemüsefüllung immerhin zehn Minuten. Das funktioniert in einem Einkaufszentrum, wo viele Menschen gleichzeitig etwas essen oder trinken wollen, natürlich nur bedingt. Manch einer trampelt dann ungeduldig mit den Füßen.

Die Betreiber des Bikini-Hauses nehmen so etwas in Kauf. „Shop different“, ist das Maß aller Dinge. In großen Buchstaben steht die Maxime auf einer schwarzen Litfaßsäule. Das Anders-Sein ist Programm und soll es auch bleiben.

Die Saftbar ist jetzt wieder fort. Sie wurde Pop-up Juice Bar genannt. Ein Element, das auftaucht und wieder verschwindet. Eine Art Inszenierung. Das zieht sich durchs ganze Erdgeschoss. Händler und Designer verkaufen hier aus grob gezimmerten Holzkäfigen heraus. Auf den ersten Blick wirken die Holzkäfige durchaus befremdlich. „Wir haben sehr gute Erfahrungen gemacht“, sagt allerdings Anique Stucken, die in einer der Boxen Wohnaccessoires der Firma Urbanara verkauft.

Sonst vertreibt die Firma ihre Waren nur über das Internet. „Das ist eine sehr gute Erfahrung, um auszuprobieren, ob es sich lohnen würde, einen richtigen Laden aufzumachen“, sagt die Verkäuferin. Wenn es nach ihr ginge, auf jeden Fall. Ins Bikini kämen andere Käufer, als über die Online-Seite. Seit Mai ist Urbanara im Bikini. Die Probierphase wird einige Monate dauern. Dann zieht wieder ein anderes Geschäft in die Box.

Gleich nebenan gibt es ein Sammelsurium verschiedenster Kleinigkeiten zu kaufen: Ketten aus Haselnüssen, Mini-Stempel aus Holz, Topfwächter aus buntem Kunststoff, Gürtel wie im Flugzeug, nur bunter. Shopleiterin Fereschta Sarwari findet das ganze Bikini-Haus „mega-cool gemacht“. Ihre Firma Promobo vermietet kleine Holzkästen, die Designer mieten können. Auf ihrer Verkaufsfläche haben sie die Kästen zu Regalen gestapelt. Lauter Miniläden in einem. Promobo ist erst seit einem Monat im Bikini, will aber ein Jahr bleiben. „Unsere Box ist immer voller Kunden“, sagt Fereschta Sarwari.

Die Dauermieter in den richtigen Ladengeschäften geben sich auch recht zufrieden. Angaben zu Umsätzen wollen sie aber nicht machen. Kusmi Tea hat das Erlebnis in den Vordergrund des Geschäfts gestellt. In der Mitte, an einer Art Duftbar, kann man an den Dosen schnuppern, bevor man 13 Euro für 125 Gramm aromatisierten Schwarztee ausgibt. Man muss nur eine der Dosen ergattern. Denn schnuppern wollen viele.

Vollkommen leer ist es in manchen Geschäften im Obergeschoss, bei LaboArt zum Beispiel. Hier gibt es italienische Designer-Kleidung für Frauen. Die Preise sind hoch, was vielleicht die Leere im Laden erklärt. „Wir sind sehr zufrieden. Wir bleiben auf jeden Fall hier“, sagt allerdings Sasha Skott, die hier verkauft. Wochentags gingen die Geschäfte gut, sagt sie, wobei fünf oder sechs Kundinnen eben auch schon ausreichten, damit es sich lohne, sagt sie. An den Wochenenden kämen die Leute mehr zum Gucken. Sasha Skott glaubt, dass das Bikini-Haus sich noch in der Anfangsphase befindet. „Es muss erst noch eine Identität finden“, sagt sie.

Bei Murkudis nebenan werden Designobjekte verkauft. Eine Ausprobierphase, sei das jetzt, sagt Verkäufer Konstantin Laschkow: „Es läuft an und etabliert sich dann hoffentlich.“ Es seien eben lauter Liebhaberläden versammelt. Entsprechend sei auch das Publikum sehr vielfältig: vom Rentner bis zum jungen Hipster. Auf Dauer werde sich schon ein Kundenstamm finden. „Nur voll ist gar kein Kriterium.“

Berliner Zeitung, [24.08.2014]